Foto: H. Hauke Auch grundsätzliche Forderungen zur Bildungspolitik in Baden-Württemberg wurden beim Themenstammtisch des SPD-Ortsvereins Emmendingen im Kartoffelhof formuliert: * Aufhebung der Trennung von Personal- und Sachkostenverantwortung * Verbessertung der Kommunikation zwischen Schulträgern, Kollegien, Eltern und Schülern * Beantwortung der Fragen: "wie lernt ein Kind/Jugendlicher?" und "wie kann lernen durch das Bildungssystem besser unterstützt werden?"
Schule ein willkürliches Sammelsurium von Patchwork Versatzstücken? Die große Bildungsvision fehlt
Beim Themenstammtisch des SPD Ortsvereins Emmendingen „Schule des Lebens? – Erfahrungen mit der Bildungspolitik in Baden-Württemberg“ brachten es die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den Punkt: So kann es nicht weiter gehen! Denn in kaum einem anderen Land beeinflusst der soziale Status so stark den Schulerfolg der Kinder und Jugendlichen wie in Deutschland, von Chancen- und Bildungsgleichheit also keine Spur. Dabei liegen die wissenschaftlichen Erkenntnisse offen zu Tage. „Wir wissen doch, wie das Lernen der Kinder gefördert werden kann. Lernpsychologie und Hirnforschung geben mehr als deutliche Fingerzeige, wie der Schulalltag gestaltet werden sollte, um Kinder und Jugendliche möglichst optimal in ihrer geistigen und seelischen Entwicklung zu fördern und zu fordern,“ sagte eine Teilnehmerin. Doch immer wieder stünden organisatorische und verwaltungstechnokratische Sachzwänge dem entgegen. „Warum schauen wir nicht, wie Kinder von Natur aus für das Lernen ausgestattet sind und überlegen uns dann wie die Rahmenbedingungen gestaltet werden müssen,“ fragte ein Teilnehmer. Ein grundsätzliches Umdenken der an Bildung Beteiligten wäre die Voraussetzung: weg mit dem hektischen Wechsel zwischen Unterrichtszeit und Ferienzeit, weg vom 45 Minuten-Takt, weg von der Ganztagsschule als Aufbewahrungsanstalt, weg vom lehrerdominierten Paukunterricht, weg mit missionarischen Glaubensdiskussionen über das richtige Schulsystem und weg mit aufgeblähter und praxisfernen Bürokratie. Pauschale Gründe wurden viele genannt. Aber es wurde auch sehr deutlich, dass es immer wieder Ausnahmen an den Schulen gibt. Lehrpersonen, die sich engagieren, die Änderungen und Entwicklungen auf den Weg bringen wollen, die wichtige Impulse für die intellektuelle Entwicklung insgesamt und nicht nur für abprüfbares Wissen geben. „Was fehlt, ist jedoch eine gemeinsame Bildungsvision, hinter der alle stehen können und auf die alle gemeinsam im Interesse der Kinder hinarbeiten, sagte eine Teilnehmerin. Vorgeschlagen wurde, dass dauf kommunaler Ebene die im Gemeinderat vertretenen Parteien in einem ersten Schritt den Kommunikationsprozess zwischen Schülern, Eltern, Schulleitungen, Lehrpersonen, Stadt- und Schulverwaltung anstoßen und optimieren könnten. „Wie wäre ein runder Tisch, für den sich eine der beteiligten Institutionen verantwortlich erklärt, um so den Informations- und Meinungsaustausch auf den Weg zu bringen?“ wurde von den Anwesenden vorgeschlagen. Sinn würde das allemal machen, darüber waren sich alle einig. „Das Leitziel von Schule sei die Selbstverwirklichung des einzelnen in sozialer Integration,“ wurde zu Beginn des Themenstammtisches ausgeführt, „das in Impulsen zur individuellen Lebensbewältigung durch Erschließung von Lebenszutrauen, Ausbildung von Lebensfertigkeiten, Vermittlung von Lebensorientierung und Bildung von Lebenshaltungen zum Ausdruck kommt.“ Die Antwort auf die Frage, wie das konkret erfolgen könne, kann nur das einzelne Kind, der einzelne Schüler durch seine persönlichen Voraussetzungen geben. Nach engagierter und interessanter Diskussion wurde deutlich, dass die von der Landesregierung vorgegebenen Rahmenbedingungen mehr als unbefriedigend sind. Verstärkt wurde die Unzufriedenheit der Anwesenden noch durch den sich immer rascher entwickelnden Flickenteppich in der Bildungslandschaft in Folge der Förderalismusreform. „Bald kann man mit Kindern nicht mehr von einem Bundesland ins nächste umziehen, und das angesichts der Mobilität, die von Arbeitnehmern heute erwartet wird,“ betonte ein Teilnehmer. In diesem Sinne sind bereist Baden und Württemberg mit Grundschulenglisch in Württemberg und Grundschulfranzösisch in Baden zwei Bundesländer – zumindest bildungspolitisch.
Artikel: H. Hauke