SPD Emmendingen

Haushaltsrede SPD Fraktion 2008

Veröffentlicht am 31.01.2008 in Fraktion

Am Dienstag, dem 29. Januar 2008, wurde im Emmendinger Gemeinderat der Haushalt 2008 verabschiedet. Thomas Fechner, Fraktionsvorsitzender der SPD Gemeinderatsfraktion, machte nochmals die Position der SPD deutlich.

ANMERKUNGEN DER SPD-FRAKTION ANLÄSSLICH DER VERAB-SCHIEDUNG DES HAUSHALTSPLANES 2008

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

"die meisten Dinge gehen mir zu langsam." Mit diesem Satz wurden Sie, Herr Oberbürgermeister, vor knapp zwei Jahren in einem Portrait der lokalen Tagespresse zitiert. Und weil's Ihnen meistens zu langsam geht, geben Sie in vielen Bereichen ordentlich Gas, und das ist häufig auch gut so. Sie sind dabei in der angenehmen Situation, dass sich die fi-nanziellen Rahmenbedingungen für unsere Stadt erheblich verbessert haben. Das ist zwar nicht Ihr Verdienst, es erleichtert Ihnen und uns andererseits die Bewältigung etlicher Auf-gaben. Wir erwirtschaften laut Plan eine anständige Zuführungsrate vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt, und in diesem Teilhaushalt steht uns in den kommenden Mona-ten auch wieder etwas mehr an Investitionsmasse zur Verfügung.

So können wir im laufenden Jahr die Einrichtung des Ganztagsbetriebs an der Fritz-Boehle-Schule konkret in Angriff nehmen, wie überhaupt Investitionen in unsere Bildungs-einrichtungen einen Schwerpunkt des vorliegenden Haushaltsplanes bilden und auch in Zukunft bilden werden. Dazu gehören auch die überfällige Sanierung der Markgrafenschu-len und der Grundschule in Mundingen sowie die Einrichtung der benötigten Räume für den naturwissenschaftlichen Unterricht am Goethe-Gymnasium und die Sanierung der Goethe-Halle. Die rund zweieinhalb Millionen Euro, die wir dafür in die Hand nehmen, sind unbestritten sinnvoll und notwendig, um unseren Kindern und Jugendlichen angemessene Rahmenbedingungen zu bieten. Dazu gehört bei der Ganztagsschule allerdings auch ein für alle Kinder bezahlbares Mittagessen, für das wir uns mit einem Haushaltsantrag einge-setzt haben. Uns ist bewusst, dass hier der Bund gefordert ist, die Grundsicherung von Kindern flexibler zu gestalten. So lange dies aber nicht der Fall ist, dürfen die Kinder nicht die Leidtragenden sein. Was andernorts parteiübergreifend möglich ist und was mittlerwei-le auch von den baden-württembergischen CDU-Sozialausschüssen gefordert wird, näm-lich den Eigenbeitrag für einkommensschwache Eltern mit einem Euro festzusetzen, das sollte auch in der Großen Kreisstadt Emmendingen möglich sein. Wir erwarten also von der Verwaltung noch vor Ostern 2008 einen praktikablen Vorschlag, wie er uns während der Haushaltsberatungen zugesagt worden war, und wir hoffen, dass Sie, Herr Oberbür-germeister, auch hier notfalls kräftig Gas geben.

Unabhängig davon brauchen wir uns mit dem Angebot an Bildungs- und Betreuungsein-richtungen für den Nachwuchs in unserer Stadt nicht zu verstecken, auch wenn wir uns in manchen Bereichen, beispielsweise in der Schulsozialarbeit, eine kräftige Erweiterung wünschen. Die offizielle Wiedereröffnung des Jugendtreffs Bürkle-Bleiche am vergange-nen Samstag ist in positives Signal. Wir alle kennen die schockierenden Nachrichten von verwahrlosten Kindern und gewalttätigen Jugendlichen. Ich will hier kein Schreckenssze-nario aufbauen: die allermeisten Eltern sorgen für ihre Sprösslinge und fördern sie. Doch es gibt eine wachsende Zahl von Vätern und Müttern, die ihrer Verantwortung leider nicht gewachsen sind. Gegen die allseits bekannten traurigen Folgen einer mangelnden Erzie-hung helfen jedoch nicht paramilitärische Erziehungslager oder die Androhung von fünf-zehn Jahren Gefängnis. Was wir brauchen, das sind Einrichtungen und Angebote mit gut ausgebildetem und ausreichendem Personal, das Anregungen gibt, damit Kinder nicht stundenlang ein verblödendes Fernsehprogramm konsumieren. Und bei diesen Anstren-gungen sind wir in Emmendingen noch lange nicht vorbildlich, aber wir sind auf dem richti-gen Weg.

Was den städtischen Etat 2008 betrifft, so ist rund eine halbe Million Euro veranschlagt für den Erwerb von Grundstücken - eine realistische Größe, während die vorgesehenen Ein-nahmen aus Grundstückserlösen in Höhe von rd. 2,5 Millionen Euro eher eine Wunsch-summe darstellen dürften. Zu den größeren Brocken beim Erwerb von Fahrnissen gehört ein neues Löschfahrzeug für unsere Feuerwehr, die in der Vergangenheit sehr umsichtig mit ihren Anforderungen verfahren ist. Für den Hallenneubau in Kollmarsreute ist eine ers-te Planungsrate eingestellt, und im kommenden Jahr könnte dann sogar der sprichwörtli-che Bagger anrollen. Zu den Projekten, die schon lange angepackt werden sollten, die heute aber nicht auf der Haushalts-Agenda stehen, gehören beispielsweise der Umbau der Leichenhalle am Bergfriedhof oder das Rückhaltebecken "Zaismatt"; offensichtlich wird die Dringlichkeit dieser Maßnahmen heute anders eingeschätzt als in früheren Jahren. Wir halten an einer baldigen Realisierung dieser Vorhaben fest.

Unzufrieden sind wir allerdings mit dem Zeitpunkt der Haushaltseinbringung und der Haus-haltsberatungen, denn bei dem derzeitigen Verfahren können wir eine mögliche Verände-rung der Kreisumlage nicht in unsere Entscheidungen einfließen lassen. Dies führt in die-sem Jahr dazu, dass durch die demnächst zu erwartende Senkung dieser Zahlungen - immerhin ein sechsstelliger Eurobetrag - der Stadt mehr Geld zur Verfügung steht als im Dezember berechnet. Eine etwas spätere Beratung, und zwar nach den entsprechenden Beschlüssen im Kreistag, halten wir im Sinne der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit für geboten, so wie es in anderen Gemeinden unseres Kreises gehandhabt wird.

Eins der großen kommunalpolitischen Themen, die uns auch in diesem Jahr beschäftigen wird, ist die angestrebte Erweiterung der Fußgängerzonen in der Innenstadt. Die notwen-digen Schritte für das Entwidmungsverfahren wurden vom Gemeinderat bereits im Okto-ber eingeleitet, jetzt ist die Verwaltung am Zuge. Der nächste Schritt, also die Bürgerbetei-ligung, wurde zunächst wegen des Weihnachtsgeschäftes auf später verschoben, dann muss noch Fastnacht gefeiert werden - wann also beginnt die Bürgerbeteiligung? "Die meisten Dinge gehen mir zu langsam" - in diesem Fall trifft der Satz genau ins Schwarze!

Wir begrüßen die Gründung des Bürgersolarfonds der Stadtwerke Emmendingen, wo-durch Bürger mit ihrer Investition in eine umweltfreundliche Energieerzeugung eine Rendi-tegarantie erhalten - möglich geworden ist dies übrigens erst durch das entsprechende Gesetz der rot-grünen Bundesregierung. Dass sich die Stadt am "European EnergyAward" beteiligt, klingt zwar sehr "cool", aber ob sich daraus wirklich die erhoffte Verbesserung der Energienutzung und eine spürbare Kosteneinsparung ergeben, bleibt abzuwarten. In diesem Zusammenhang wundern sich manche unter uns, warum es auch bei der Emmen-dinger Stadtverwaltung immer mehr Mode wird, vermeintlich toll klingende Ausdrücke aus dem englischen Wortschatz zu übernehmen. Wir machen ja nicht nur beim "European E-nergy Award" mit, wir haben ja auch eine Arbeitsgemeinschaft "Image und Marketing" und das "Facility Management" (damit ist die Gebäude- und Grundstücksverwaltung gemeint). Als Anglist habe ich wirklich keinerlei Berührungsängste bezüglich der englischen Spra-che, aber geht's manchmal nicht auch eine Nummer kleiner? Sie, Herr Oberbürgermeister, lassen sich ja auch nicht als "Over-Citizen-Master" oder gar als "Burger King" bezeichnen!

Seit Jahren hat die SPD-Fraktion ein richtiges Stadtfest gefordert, wie es in Nachbarorten seit langem gang und gäbe ist und dort zu den kulturellen Höhepunkten (und nicht "high-lights") zählt. In diesem Jahr hat die Gruppe um Fachbereichsleiter Jenne endlich ein rundum gelungenes Fest zum 250-jährigen Bestehen der Karl-Friedrich-Straße auf die Beine gestellt, das hoffentlich bald eine Fortsetzung findet und sich zum würdigen Nach-folger des legendären Lammstraßenfestes entwickeln kann. Dafür nochmals an dieser Stelle ein aufrichtiges Kompliment an alle Mitwirkenden, denn damit gewinnt die Große Kreisstadt sicherlich ähnlich viel wie durch die Aktionen auf dem Marktplatz während der Weihnachtszeit - da konnte man nämlich durchaus den Eindruck gewinnen, dass manche den Begriff "Advent" mit dem Begriff "Event" verwechseln. Das Emmendinger Weihnachts-Wunderland war schon spitze - und die Coca-Cola-Lastwagen waren der Gipfel!

In angemessenem Rahmen möchten wir im Sommer die anstehenden Jubiläen mit unse-ren Partnerstädten Six-Fours und Newark on Trent feiern; gespannt sind wir auf die Ge-werbeausstellung im Juni, die ja nicht wie vor einigen Jahren von einem auswärtigen kom-merziellen Ausrichter, sondern von Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt organisiert wird. Für deren Zeit und Kräfte raubenden Einsatz im Vorfeld dieser Großveranstaltung danken wir ebenso wie der gesamten Stadtverwaltung mit Ihnen, Herr Oberbürgermeister, an der Spitze für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit. Nicht als formelhafte Floskel, sondern als aufrichtige Anerkennung möchte ich unseren Dank verstanden wissen, der allen Bürgerinnen und Bürgern gilt, die sich auf unterschiedliche Art und Weise für unsere Stadt eingesetzt haben; ohne ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten würde unserer Stadt vieles fehlen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf eine bemerkenswerte Geste verweisen, die wir am vergangenen Sonntag bei der städtischen Gedenkfeier für die Opfer des NS-Terrors miterleben konnten: während sich andernorts Menschen wegen ihrer unterschied-lichen Religionszugehörigkeit die Köpfe einschlagen, legen in Emmendingen Vertreter des türkisch-islamischen Vereins einen Kranz für ermordete Juden nieder. Das ist ein gu-tes Zeichen.

Alles in allem besteht im Hinblick auf unseren Haushalt kein Grund, sich selbstzufrieden zurückzulehnen, obwohl wir die ganz schlimmen Sparjahre erst einmal hinter uns haben dürften. Die derzeitige leichte Entspannung verdanken wir in erster Linie der gesamtwirt-schaftlichen Entwicklung, auf die wir keinen Einfluss haben und die sich rasch wieder um-kehren kann. Auch wenn die Fraktion der SPD nicht mit allen Einzelheiten der Vorlage einverstanden ist, wird sie der Haushaltssatzung und dem Stellenplan für das Jahr 2008, der Finanzplanung für die kommenden Jahre und den übrigen Punkten der Beschlussempfehlung zustimmen.

"Die meisten Dinge gehen mir zu langsam." Ich hoffe, ich war zügig genug.

Thomas Fechner
SPD-Fraktionssprecher

29.01.2008

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